Informationskampagne zum Thema Bewegung
Selbsthilfe bewegt!
Im Jahr 2020 wurde das Onkologische Selbsthilfe-Netzwerk Rostock gegründet. Die Universitätsmedizin Rostock, das Gesundheitsamt Rostock, die Selbsthilfekontaktstelle Rostock und die onkologischen Selbsthilfegruppen sind eine Kooperation eingegangen, damit durch eine strukturierte Zusammenarbeit die Selbsthilfe gestärkt und an gemeinsamen Zielen gearbeitet werden kann.
Zusammen mit der Hämatologischen und Onkologischen Trainingstherapie (HOT) der Universitätsmedizin Rostock begrüßen wir Sie auf der Informationsseite zum Thema Bewegung. Hier erfahren Sie alles in kurzen Videos zur Prävention, Hämatologischen und Onkologischen Trainingstherapie sowie Bewegungsempfehlungen für spezifische krankheits- und therapiebedingte Symptome bei Krebspatienten. Zudem finden Sie hier weiterführende Informationen und Ansprechpartner.
Prävention
Jährlich erhalten in Deutschland über eine halbe Million Menschen die Diagnose Krebs. Experten schätzen, dass rund 40 Prozent aller Krebserkrankungen durch eine gesunde Lebensweise vermieden werden könnten. Krebs durch eine gesunde Lebensweise vorzubeugen ist das Ziel der Krebsprävention. Eine gesunde Lebensweise umfasst u. a. den Verzicht auf Tabak und Alkohol, eine gesunde Ernährung, UV-Schutz, Vermeidung von Übergewicht und ausreichend Bewegung.
Wissenschaftler gehen heute davon aus, dass in Deutschland sechs Prozent aller Krebsfälle durch ausreichende körperliche Aktivität vermieden werden können. Das sind in Deutschland 30.000 Fälle jedes Jahr! Bewegung und Sport können vor allem vor Darmkrebs, Brustkrebs (nach den Wechseljahren), Gebärmutterkörperkrebs, Blasenkrebs, Speiseröhrenkrebs, Magenkrebs und Nierenkrebs schützen. Langes Sitzen kann das Risiko für einige Krebsarten unabhängig vom Aktivitätslevel hingegen erhöhen. Mehr Informationen hierzu finden Sie auf den Seiten der Deutschen Krebshilfe.
Bewegung ist die beste Medizin!
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) rät Erwachsenen zu mindesten 150 Minuten moderater oder 75 Minuten intensiver körperlicher Aktivität pro Woche beziehungsweise zu einer Mischung aus beidem. An mindestens zwei Tagen pro Woche sollten muskelkräftigende Übungen durchgeführt werden. Lange Sitzphasen sollten durch körperliche Aktivitäten unterbrochen werden.
Auch wenn sich laut Angaben des Robert Koch-Instituts die Häufigkeit der sportlichen Aktivität in den letzten Jahren in Deutschland erhöht hat, erreichen nur rund ein Drittel der Frauen und weniger als die Hälfte der Männer die von der WHO empfohlene wöchentliche Mindestzeit von zweieinhalb Stunden gemäßigter Bewegung. Tipps, wie Sie Ihren Alltag aktiver gestalten können, finden Sie hier.
Die Deutsche Krebshilfe macht gemeinsam mit dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) und der Deutschen Sporthochschule Köln mit der Initiative „Bewegung gegen Krebs“ auf die wichtige Bedeutung von „Sport und Bewegung“ in der Krebsprävention und -nachsorge aufmerksam. Informieren Sie sich!
Sind Sie auf der Suche nach einem geeigneten Sportverein in Ihrer Nähe?
Stadtsportbund Rostock e.V.
Landessportbund Mecklenburg-Vorpommern e.V.
Verband für Behinderten- und Rehabilitationssport Mecklenburg-Vorpommern e.V.
OnkoAktiv am NCT Heidelberg e.V.
Krebs- und therapiebedingte Nebenwirkungen und deren Folgen
Die krankheits- und therapiebedingten Symptome und Nebenwirkungen bei Krebspatienten und Menschen mit bösartigen hämatologischen Erkrankungen sind sehr vielfältig. Zu den häufigsten gehören Müdigkeit/ Erschöpfung (Fatigue), Schmerzen, Angst, Depression, Konzentrationsstörungen/ Gedächtnisprobleme, Schlafstörungen, periphere Polyneuropathien, Übelkeit, Erbrechen, gastrointestinale Beschwerden, Lymphödeme, Harninkontinenz etc. Blutbildveränderungen gehen häufig mit einem erhöhten Infektionsrisiko, einer erhöhten Blutungsneigung oder einer Anämie einher. Letzteres führt durch einen Mangel an Sauerstoff zu Abgeschlagenheit, verminderter Leistungsfähigkeit, Kopfschmerzen oder auch Schwindel. Je nach Anzahl und schwere der Symptome und Nebenwirkungen wirkt sich das auf die körperlichen und sozialen Aktivitäten, das emotionale Wohlbefinden und/oder auf die Lebensqualität der Betroffenen aus.
Speziell die Abnahme der körperlichen Aktivitäten kann weitreichende Folgen haben, wie z. B. die Abnahme der Muskelkraft und die Verschlechterung der koordinativen Fähigkeiten, wozu auch die Gleichgewichtsfähigkeit gehört. Es kommt zu Haltungsschwächen und das Risiko für Stürze steigt. Inaktivität fördert außerdem die Risikofaktoren für Herzkrankheiten, wie Fettleibigkeit, Bluthochdruck, hohe Cholesterinspiegel und Diabetes. Zudem begünstigt Bewegungsmangel psychische Erkrankungen wie Angststörungen, Depressionen und Demenz. Das heißt, die Symptomlast nimmt weiter zu. Um diesen Teufelskreis zu durchbrechen, sollten Krebspatienten regelmäßig trainieren.
Das American College of Sports Medicine empfiehlt Krebspatienten nach Abschluss der Therapie ein dreimaliges Ausdauertraining mit moderater Intensität im Umfang von jeweils 30 Minuten (z. B. Nordic Walking, Schwimmen, Radfahren), ergänzt um ein zweimaliges Krafttraining der großen Muskelgruppen. Empfohlen werden je Muskelgruppe zwei Sätze mit 8 – 15 Wiederholungen. Die Intensität sollte langsam gesteigert werden. Neben diesen allgemeinen Empfehlungen für Krebsüberlebende zur Verbesserung der körperlichen Funktionalität und Lebensqualität, gibt es spezielle Empfehlungen für Krebspatienten unter Therapie bzw. für Patienten mit spezifischen Nebenwirkungen (nebenwirkungsorientierter Ansatz). Auf einige möchten wir näher eingehen.
Hämatologische und Onkologische Trainingstherapie (HOT)
Zahlreiche Studienergebnisse belegen, dass Krebspatienten von einer gezielten Bewegungstherapie auf unterschiedlichen Ebenen profitieren. So ist bekannt, das regelmäßige körperliche Aktivität bei Brust-, Darm- oder Prostatakrebs das krebsspezifische und allgemeine Mortalitätsrisiko signifikant reduziert. Es gibt starke Belege dafür, dass eine gezielte Bewegungstherapie Angst, Depressionen, die tumorassoziierte Fatigue reduziert und die körperliche Fitness, wie auch die gesundheitsbezogene Lebensqualität verbessert. Darüber hinaus kann durch eine gezielte Bewegungstherapie potenziell die Effektivität und Verträglichkeit der medizinischen Krebstherapie erhöht werden.
Folglich ist die Bewegungstherapie eine hocheffektive onkologische Supportivtherapie. Um die Sicherheit und Effektivität des Trainings zu gewährleisten, bedarf es aufgrund der Vielzahl an Krebsarten (Entitäten) und Behandlungsmodalitäten, welche mit unterschiedlichen Symptomen und Nebenwirkungen einhergehen, einer spezifischen Vorgehensweise. Generell sollte vor Aufnahme eines Trainings eine ärztliche Eignungs- bzw. Unbedenklichkeitsuntersuchung durchgeführt werden. Entsprechend der körperlichen Leistungsfähigkeit und unter Berücksichtigung der Therapie(-nebenwirkungen), z. B. Operationsnarben, Hautreizungen aufgrund von Bestrahlungen etc. sind die Trainingsinhalte, der Trainingsumfang und die Trainingsintensität individuell festzulegen. Die Trainingsinhalte (Kraft, Ausdauer, Beweglichkeit, Gleichgewicht etc.) orientieren sich primär an den Krebs- und therapiebedingten Symptomen und Nebenwirkungen.
Um hämatologischen und onkologischen Patienten der Universitätsmedizin Rostock von diesen neuartigen Therapiekonzepten profitieren zu lassen, hat die Klinik für Hämatologie, Onkologie und Palliativmedizin die Arbeitsgruppe "Hämatologische und Onkologische Trainingstherapie", kurz AG HOT, eingerichtet. Die AG widmet sich u. a. der konventionellen Patientenversorgung und bietet neben einer Beratungssprechstunde in Kooperation mit dem Olympiastützpunkt Rostock die onkologische Trainingstherapie (OTT®) an.
Hier können Krebspatienten sowohl unter Therapie als auch nach Therapieabschluss an hochmodernen Kraft- und Ausdauer-Trainingsgeräten bis zu 24 Trainingseinheiten unter professioneller Anleitung absolvieren. Einen kleinen Einblick in das Training bekommen Sie im nachfolgendem Video. Wenn Sie mehr darüber erfahren möchten, klicken Sie hier und Sie gelangen zu einem Vortrag, welcher im Rahmen der German Cancer Survivors Week 2023 präsentiert und aufgezeichnet wurde.
Bewegungsempfehlungen für spezifische krankheits- und therapiebedingte Symptome bei Krebspatienten
Ängste und Depression
Speziell bei Patienten die unter Ängsten oder einer Depression leiden, sollte das Ausdauertraining mit moderater Intensität im Mittelpunkt stehen oder ein kombiniertes Kraft-Ausdauer-Training. Neuere Studien zeigen, dass es bei depressiven Symptomen einen Dosis-Wirkungs-Zusammenhang gibt. Das bedeutet, dass höhere Trainingsumfänge eine bessere Wirkung zeigen. Zudem deuten Studienergebnisse darauf hin, das betreute/angeleitete Trainingsmaßnahmen effektiver sind im Vergleich zu unbeaufsichtigten (Heim-)Trainingsprogrammen.
Fatigue
Die Fatigue zählt zu den häufigsten krankheits- und therapiebedingten Nebenwirkungen bei Krebs. Auch hier wirkt sich ein dreimaliges Ausdauertraining oder ein zweimaliges Krafttraining oder die Kombination aus beiden positiv auf die Symptomlast aus. Beim Training sollte die Intensität moderat bis hoch sein, da es unwahrscheinlich ist, dass niedrige Intensitäten die Fatigue reduzieren. Die wichtigsten Informationen haben wir in einem Video für Sie zusammengefasst.
Chemotherapie-induzierten peripheren Polyneuropathie (PNP)
Bislang gibt es zu wenige qualitativ hochwertige Studien, um das Potenzial des Nutzens von Bewegung zur Prävention und/oder Behandlung von PNP und damit verbundenen Nebenwirkungen wie Gleichgewichtsstörungen und Stürzen zu interpretieren. In den wenigen veröffentlichten Studien erwies sich körperliche Aktivität im Allgemeinen als sicher, allerdings variierte das Ausmaß der Verbesserung. Um die Chemotherapie-induzierte PNP zu reduzieren werden u. a. ein Vibrationstraining und/oder sensomotorische Übungen empfohlen. Neben feinmotorischen Übungen mit den Fingern/Händen bzw. Zehen/Füßen (z. B. Münzen stapeln, stricken, Knöpfe auf- und zumachen, mit den Zehen Papier zerreißen), sollten Betroffene mit Symptomen in den Füßen regelmäßig das Gleichgewicht trainieren (z. B. Tandem-, Einbeinstand). Auch der Einsatz eines Igelballs kann die geschädigten Nervenendigungen stimulieren.
Stoma
Bei Erhalt eines Stomas wird Ihnen eine Wundschwester zugewiesen. Diese hilft bei der richtigen Stomaversorgung und steht beratend zur Seite. Es gibt eine Reihe ergänzender Hilfsmittel, eine Übersicht finden Sie hier.
Während das Aufstehen und Gehen nach der Operation in der Regel frühzeitig möglich sind, sollten einige Tätigkeiten im Haushalt bzw. Alltag vermieden werden. Hierüber werden Sie von ihrem behandelnden Arzt informiert.
Trotz Stoma sollte Inaktivität vermieden und die körperliche Belastung nach der Operation wieder schrittweise gesteigert werden. Nachfolgend finden Sie einige Hinweise für das Training mit einem Stoma:
- Den Stomabeutel vor dem Training leeren oder neuen Beutel anlegen.
- Je nach Sportart gibt es entsprechende Gürtel oder Stomaprotektoren auch für Wassersportarten, d. h. auch Schwimmen ist möglich.
- Training an/mit Geräten: Starten Sie ihr Training mit geringem Widerstand und steigern Sie die Intensität schrittweise. Achten Sie auf eine korrekte Hebetechnik und Haltung sowie auf die richtige Atemtechnik!
- Spielsportarten: Tragen Sie einen Stomaprotektor und benutzen Sie ggfs. Softbälle beim Spielen. Minimieren Sie das Sturzrisiko und vermeiden Sie starke Bogenspannung wie z. B. beim Tennis oder Badminton.
- Achten Sie auf ausreichende Flüssigkeitszufuhr, insbesondere bei einem Ileostoma.
- Verzichten Sie auf Übungen in Bauchlage.
Bei weiteren Fragen, kontaktieren Sie bitte ihre nächstgelegene Selbsthilfegruppe.
Mehr Informationen finden Sie im Ratgeber für mehr Sport im Leben - auch mit oder nach Krebs!
Vielen Dank für Ihr Interesse.
Eine Initiative des Onkologischen Selbsthilfe-Netzwerks Rostock
in Zusammenarbeit mit der Hämatologischen und Onkologischen Trainingstherapie
Weiterführende Informationen
Die blauen Ratgeber:
Bewegung und Sport bei Krebs
Ratgeber:
Für mehr Sport im Leben
auch mit oder nach Krebs!
Übungshandbuch:
Patienten mit Mund-, Kiefer-, Gesichts- und Halstumoren